Nach unruhigen Zeiten bei der Firma Hebu hat der US-Konkurrent Racemarkalle Geschäfte übernommen – und will am neuen Standort wachsen.
Von Lena Müssigmann
Massenentlassung, Verlagerung der Arbeit nach Tschechien: Nach unsicheren Jahren beim Hersteller für Autofußmatten Hebu hat im Dezember der US-Konkurrent Racemark die Geschäfte übernommen. Nach erstem Beschnuppern das Urteil des Betriebsrats: "Nur positiv".
E mpfingen. "Jeder hat um seinen Arbeitsplatz gebangt", erinnert sich Betriebsrat Reinhold Pomorin. Für ihn und die Belegschaft sei es ein Aufatmen, dass sie mit Racemark in ruhigeres Fahrwasser kommen.
"Das Team hat schon sehr viel mitgemacht", sagt die Racemark-Personalleiterin Regina Dziuba im Pressegespräch mit Blick auf die Umwälzungen der vergangenen Jahre. Damit soll jetzt Schluss sein, sagt sie. Racemark wolle am Standort Empfingen "nachhaltig etwas auf- und ausbauen". Es gibt Hinweise darauf, dass diese Absicht ernstzunehmen ist: Die Zahl der festen Mitarbeiter hat nach Dziubas Angaben vor der Übernahme bei rund 60 gelegen, nach sechs Monaten beschäftige Racemark nun schon 120 Personen, einige davon in Leiharbeit oder mit Werksverträgen. Racemark habe bereits einige neue Maschinen gekauft und wolle die Fertigung durch solche Investitionen weiter mordernisieren. Dziuba sagt: "Die Mitarbeiter sollen erkennen: Wir werfen in Empfingen die Anker."
Hinter der Firma, die in Deutschland als GmbH auftritt, steht Inhaber Cannon Bailey, US-Amerikaner. Sein Vater Bob Bailey hat die Firma 1964 gegründet. Cannon Bailey ist immer wieder in Empfingen, nächste Woche wird er erneut erwartet. Er spiele sogar mit dem Gedanken, für eine Zeit in der Region zu leben, sagt Dziuba.
Der Amerikaner wurde auf ungewöhnliche Art und Weise auf diesen Standort am Rande der Schwäbischen Alb aufmerksam. Ein großer Autobauer, dessen Sitz keine 50 Kilometer von Empfingen entfernt liegt, sei auf Cannon Bailey zugekommen und habe ihn auf die Firma in Empfingen aufmerksam gemacht, erzählt Dziuba. Der Autobauer hat demnach signalisiert, er könne sich einen Ausbau der Zusammenarbeit mit Racemark vorstellen, sollte sich die Firma auch in Empfingen niederlassen.
Textile Fertigung in Deutschland, wo im Ausland die Lohnkosten doch viel billiger sind? "Man legt Wert auf Made in Germany", sagt Dziuba über die Autobauer. Im Ausland lohne sich zwar Massenfertigung. Aber: "Wir können Sonderwünsche auf Zuruf erfüllen. Das macht kein Billiglohnland."
Um in Empfingen rentabel zu arbeiten, hat Racemark eigenen Angaben zufolge unter anderem Prozesse optimiert. "Mancher Werker musste quer durch die Halle laufen, um Material zu holen", nennt Dziuba ein Beispiel. Über die Sinnhaftigkeit solcher Arbeitsabläufe unter den der Vorgängerbesitzern will sie sich nicht äußern, sagt aber: "Racemark hat neue Konzepte entwickelt, die vielleicht etwas zeitgemäßer sind."
Über Gewinnerwartungen oder erste Umsätze macht die Firma, die vor Ort von Geschäftsführer Klaus Weibler geleitet wird, bislang keine Angaben. "Wir befinden uns in steigenden Auftragsvolumina der Automobilbranche", sagt Dziuba. Damit wüchsen auch die Auftragslisten in Empfingen an. Für Produktionsspitzen setzt die Firma nach eigenen Angaben Leiharbeiter ein, langfristig sei Racemark aber daran interessiert, Mitarbeiter an sich zu binden.
Weitere Informationen: Beim Sommerfest des IHGV Empfingen mit Tag der offenen Tür am 12. Juni, 12 bis 17 Uhr, will sich Racemark mit einem noch nicht näher bekannten Angebot beteiligen.
Die Firma beschäftigt am Standort Empfingen eigenen Angaben zufolge rund 120 Mitarbeiter. Davon arbeiten etwa 80 in der Produktion, etwa 40 im administrativen Bereich.
Die amerikanische Firma Racemark produziert für den amerikanischen und den europäischen Markt. Europa wird von je einem Standort in der Schweiz, Ungarn und Deutschland bedient.
Racemark hat die Firmenbereiche der Firma Hebu aufgekauft, nicht aber die Firma an sich übernommen. Racemark hat die Gebäude angemietet.