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Irgendwo zwischen Street Fashion und ökologischer Verkehrserziehung: Wie Volvos XC40 Recharge uns Traditionalisten überfordert. Der Test.
Selbst 20 Jahre Automobiljournalismus schützen nicht vor Überraschungen. Da öffnest Du wie zigtausendmal zuvor die Fahrertür eines Testwagens, ein, was war das nochmal, „Volvo XC40 T5 Recharge R-Design“, und wirst mental förmlich über den Haufen gefahren von einer Farbwelt, wie man sie vorher nie sah: eine Eruption aus „Lava-Orange“, die sich über Türverkleidungen, Mittelkonsole und Teppiche ergießt. Alter Schwede!
Warum wir uns jetzt schon an den Fußmatten-Farben eines Volvos abarbeiten (müssen)? Weil es viel aussagt darüber, wie Pkws heute sein sollten, will man sein Fähnchen in den Wind des launischen Zeitgeistes hängen: in der Attitüde cool dass es wehtut (wobei wir diese Ikonen skandinavischen Designs nicht verurteilen wollen, im Gegenteil), individuell wie Berliner Street Fashion und irgendwie so wahnsinnig nachhaltig und vernünftig, dass man damit vor einer Sitzblockade von „Fridays for Future “ mit Anstand verharren kann. So höret, möchte man den jungen Leuten zurufen, bis 2025 will mein Hersteller auf klimaneutrale Produktion umgestellt haben. Zum gleich frühen Zeitpunkt soll jeder zweite Volvo ein vollelektrischer sein. Versprochen!
Den Diesel haben die Schweden schon lange entsorgt. Die Lust an der Unvernunft ebenso. Volvos sind ab Werk mit einem eingebauten Tempolimit gesegnet. Bei 180 Sachen ist Schluss, was uns sagt, dass der sonst so hochgehaltene Wunsch nach Individualität und Freiheit in diesem Fall von den Geboten der Ökologie und Sicherheit überholt wird. Das ist bestimmt ganz richtig so. Über einen neuen programmierbaren Schlüssel kann die Höchstgeschwindigkeit sogar noch weiter limitiert werden. Verkehrserziehung anno 2020.
Andererseits: Wer will denn heute noch schnell fahren, geht doch alles zu Lasten des Klimas und vor allem der elektrischen Reichweite, die im XC40 T5 Recharge bei maximal 50 Kilometern liegt, was ohnehin knapp genug ist. Für die hippen Citypendler dürfte das aber passen. Sie sind, wenn sie ihren Volvo wirklich bei jeder Gelegenheit an die Strippe hängen, rein elektrisch unterwegs. Sogar emmissionsfrei, wäre der Strom ein grüner.
Wer – so wie wir rein aus Gründen einer vollumfänglichen Testung – den Volvo auch eine Woche lang überhaupt nicht lädt, muss trotzdem kein allzu schlechtes Gewissen haben. Mit etwas mehr als acht Litern Super kommt der Schwede dann aus – bemerkenswert angesichts einer Systemleistung von 262 PS. Gemeinsam sind sie stark, der auf drei Zylinder geschrumpfte Benziner und die E-Maschine. Schade, dass die Kräfte allein auf die Vorderräder übertragen werden. Puristen hätten Zusatzkosten und -gewicht wohl lieber in einen guten alten Allradantrieb investiert als in die komplexe Plug-In-Hybrid-Technik.
Tradition oder Moderne also? Das kann jeder selbst entscheiden, der mindestens 50.787 Euro auf dem Konto hat, den Basispreis des Volvo XC40 T5 Recharge R-Design, exklusive der 204 Euro Aufpreis für das Lava-Orange. Was selbst wir ewig Gestrigen schon immer wussten: Schweden ist nicht billig.