Geldern Der Historische Verein für Geldern und Umgegend setzt seine Reihe der Fotodokumentationen fort. Diesmal geht es um die 70er Jahre im Gelderland. In 13 Kapiteln, vom öffentlichen Leben über Arbeitswelt und Feste bis zu Schule, werden die damaligen Verhältnisse beleuchtet.
Schlaghosen, Plateausohlen, groß gemusterte Tapeten, Kassettenrekorder: Einige Schlagworte für das Jahrzehnt, um das es bei der neuen Veröffentlichung des Historischen Vereins für Geldern und Umgegend geht, nannte Johanna Klümpen-Hegmans bei der Vorstellung des Buchs. Den Anmerkungen der Frau aus dem sechsköpfigen Redaktionsteam könnte der Chronist, just in jener Dekade in Pubertät und reifer Jugend, einiges aus der Erinnerung hinzufügen: Blue Jeans und Nato-Parka als „Uniform“, Diebels Alt, Persico und Apfelkorn im Sevelener Kirmeszelt, erste Küsse auf Privatpartys, bei denen der „Mister Hit“-Plattenspieler mit eingebautem Lautsprecher in der Abdeckung für die Beschallung sorgte.
Es geht, Altersgenossen werden es erraten, um die 70er Jahre, und zwar im Kreis Geldern und Rheurdt. Nach den Bildbänden über die 50er und 60er setzt der Historische Verein damit seine Fotodokumentationen über die Jahrzehnte im südlichen Teil des Kreises Kleve fort.
Buch Die Siebzigerjahre im Kreis Geldern und in Rheurdt
Herausgeber Historischer Verein für Geldern und Umgegend
Umfang 216 Seiten mit rund 350 Fotos.
Auflage 1800 Stück; rund 1400 Exemplare davon gehen als Jahresgabe an die Mitglieder des Historischen Vereins.
Verkaufsstellen Das Buch gibt es in der Geschäftsstelle des Historischen Vereins an der Hartstraße, in den Buchhandlungen Keuck und Bücherkoffer in Geldern sowie beim Gemeindearchiv Kerken.
In 13 Kapiteln, vom öffentlichen Leben über Arbeitswelt und Feste bis zu Schule, werden die damaligen Verhältnisse beleuchtet. Vieles, was die „68er“ angestoßen hatten, sei damals im Mainstream angekommen, so Johanna Klümpen-Hegmans. Vor allem bei den Orts- und Stadtsanierungen führte man die im vorausgegangenen Jahrzehnt begonnenen Veränderungen fort. Neue Bauwerke, die vielleicht funktioneller, aber nicht unbedingt schöner waren, verdrängten alte Häuser. Eine Reihe von Luftbildern, viele davon aus dem Fundus der Firma Aero Schwarzer, zeigt, wie stark sich die Landschaft seitdem verändert hat.
Rund 350 Fotos finden auf den 216 Seiten Platz. Sie stammen vor allem aus kommunalen Archiven, aber auch aus Privatsammlungen, aus Beständen von Vereinen und Schulen und erneut von den Fotografen Ulrich Engelmann und Heinz Bosch. Tausende von Bilder wurden vom Redaktionsteam gesichtet. „Das dauerte rund dreieinhalb Jahre“, erklärte Heinz Dieter Bonnekamp, dem die Aufgabe der Endredaktion zufiel. Ausgewählt wurde, so Johanna Klümpen-Hegmans, was die Redaktion als typische Zeitdokumente erachtete.
Gleich das Titelbild ist dafür ein gutes Beispiel. Es zeigt die Klasse 13b des Mädchengymnasiums Geldern bei der Abiturfeier 1973. Die jungen Damen tragen Schlaghosen, Mini- und Maxiröcke. Lehrer Bonnekamps Nackenhaare ragen über den Hemdkragen hinaus. Und das ist noch kurz im Vergleich zu den schulterlangen „Matten“ mancher Heranwachsender auf den Bildern.
Züchtige Schlussballteilnehmer, ausgelassene Jecken, lokale Musikgrößen wie die „Drakes of Dixieland“, englische RAF-Piloten, ein Auto namens Ford Consul, Zirkus Althoff auf dem ehemaligen Kasernengelände in Geldern: Das Buch ist ein wunderbares Kaleidoskop eines Jahrzehnts, das im nostalgischen Rückblick vieler mit dem Adjektiv „wild“ belegt wird. Auch wenn es mit dem Rebellentum bei den allermeisten doch gar nicht weit her war.
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