Der Elektroantrieb wurde bei der Entwicklung des Renault Twingo bereits mitgedacht. Der enge Verwandte des Smart Forfour bietet allerdings nur echte 150 Kilometer Reichweite. Reicht das aus? ADAC Test, Daten, Preise.
21,4-kWh-Batterie für magere Reichweite von 150 Kilometern
Schlechte Noten bei Sicherheit und Komfort
Für die Stadt geeignet: Kein Lärm, Mini-Wendekreis, gute Fahrleistungen
Bei kleinen, wendigen Stadtautos drängt sich ein Elektroantrieb regelrecht auf. So ist es wenig verwunderlich, dass Seat Mii, Škoda Citigo (bereits eingestellt) und der Smart nur noch als Elektroautos angeboten wurden und werden. Verbrenner haben hier ausgedient. Renault hält beim Twingo zwar noch am Benziner fest, doch seit Anfang 2021 gibt es den kleinen Franzosen in der Version Twingo Electric auch mit Elektroantrieb.
Der neuen Motor passt wie angegossen. Eine volle Batterie erlaubt auf Basis des ADAC Ecotest-Verbrauchs eine Reichweite von etwa 150 Kilometern – damit kommt der Twingo rund 50 Prozent weiter als der Smart forfour EQ. Das ist absolut gesehen natürlich immer noch sehr wenig. Wer den Kleinen allerdings nicht für die Langstrecke nutzt und ein entsprechendes Fahrprofil hat, dürfte damit zurechtkommen. Aktuell bietet Renault den kleinen Stromer in der Version „Zen” mit Online-Multimediasystem Easy Link mit 7-Zoll-Touchscreen, Klimaautomatik, höhenverstellbarem Fahrersitz und höhenverstellbarem Lenkrad an. Sie kostet ab 23.790 Euro, also abzüglich der E-Auto-Prämie ab 13.790 Euro. Analog dazu wird ab 14.690 Euro die getestete "Intens"-Variante angeboten, die unter anderem zusätzlich 15-Zoll-Leichtmetallräder, ein Lederlenkrad und den Tempopiloten mit Geschwindigkeitsbegrenzer zu bieten hat. Die Spitze markiert der mindestens 16.490 Euro teure Twingo "Urban Night", der unter anderem mit einer Einparkhilfe hinten plus Rückfahrkamera ausgestattet ist. Auf das nach Prämienabzug 11.790 Euro günstige, endgültige Basismodell "Life" müssen Interessenten noch immer warten.
Auch die Elektrovariante des fünftürigen Kleinstwagens teilt sich die Technik weitgehend mit dem Smart Forfour. Allerdings haben die Franzosen ihrem Modell bei gleicher Motorleistung (60 kW/82 PS) eine Batterie mit größerer Kapazität – 21,4 statt 17,6 kWh – gegönnt, was für eine alltagsgerechtere Reichweite von rund 150 Kilometern sorgt. Wie immer bei Elektroautos kommt es aber stark auf das Fahrprofil und die Fahrweise an: Wer überwiegend in der Stadt unterwegs ist, wird wohl auch Distanzen von 200 Kilometern ohne Stopp an der Steckdose absolvieren können. Bei Überland- oder Autobahnfahrten dürfte man allerdings froh sein, die 150 Kilometer Reichweite zu schaffen.
Beim Laden verzichtet der Twingo auf einen schnellen Gleichstromanschluss (DC), reizt im Gegenzug aber das Potenzial von Wechselstrom (AC) komplett aus. An einer entsprechenden Ladesäule saugt der Twingo Electric mit 22 Kilowatt, was den Akku in rund einer Stunde zu 80 Prozent füllt. Wer an der deutlich gängigeren 11-kW-Wallbox oder -Ladesäule tankt, braucht etwas mehr als doppelt so lange. Die CCS-Schnelllader an der Autobahn kann der Twingo nicht nutzen, was seine Langstreckenfähigkeit erheblich einschränkt. Hier ist der "große" Bruder Renault Zoe deutlich besser aufgestellt.
Der durchschnittliche Stromverbrauch im ADAC Ecotest liegt bei 17,6 kWh pro 100 Kilometern. Die Verbrauchswerte berücksichtigen die Ladeverluste; um die netto 21,4 kWh fassende Batterie einmal komplett von leer auf voll zu laden, sind 27,2 kWh erforderlich. Aus den 17,6 kWh/100 km errechnet sich anhand des deutschen Strommixes eine CO₂-Bilanz von 88 g/km. Das reicht für das Bestergebnis von fünf Sternen im ADAC Ecotest.
Im Vergleich zum Twingo mit Verbrennungsmotor hat die Elektroversion aber einen klaren Komfortvorteil: Die Geräuschkulisse ist erheblich angenehmer und lästige Dreizylinder-Vibrationen kennt der Elektroantrieb natürlich auch nicht – ein echtes Wellness-Programm im oft hektischen Stadtverkehr. Störend wird das Geräuschniveau erst bei höheren Geschwindigkeiten.
Der flotte Antritt in der Stadt, der minimale Wendekreis (dank Heckantrieb) und die bauartbedingte "Automatik" dürften auch eiligeren Stadtbewohnern gefallen. Der Kleinstwagen beschleunigt durchaus energisch und kann sein Drehmoment von 160 Nm schon ab der ersten Umdrehung nutzen. Der Zwischensprint von 15 auf 30 km/h dauert nur etwas über eine Sekunde.
Etwas gemächlicher geht es außerorts zu, der simulierte Überholvorgang von 60 auf 100 km/h gelingt in passablen 7,3 Sekunden. Für den Sprint aus dem Stand bis auf 100 km/h nennt der Hersteller eine Zeit von 12,9 Sekunden. Der Vortrieb endet zu Gunsten des Stromverbrauchs und der Geräuschkulisse bei abgeregelten 135 km/h.
Selbst auf kurzen Überlandetappen punktet der Renault, der dank des tief platzierten Schwerpunkts – die Akkus sind unter dem Boden montiert – sehr satt auf der Straße liegt. Durch die straffe Federung und die geringen Federwege verarbeitet das Fahrwerk Unebenheiten allerdings nur unzureichend. Grobe Einzelhindernisse werden kaum absorbiert, Kopfsteinpflaster schüttelt die Insassen spürbar durch. Und der Geradeauslauf kann auch nicht so recht überzeugen – sowohl von Spurrinnen als auch von Seitenwind lässt sich der recht hoch aufbauende Kleinstwagen aufgrund der hecklastigen Gewichtsverteilung trotz Seitenwindassistent leicht aus der Spur bringen.
Um die aktive Sicherheitsausstattung ist es schlecht bestellt – selbst für einen Kleinstwagen. Der Twingo Electric bietet ab Werk lediglich ein elektronisches Fahrstabilitätsprogramm sowie ein Reifendruckkontrollsystem, beides wird vom Gesetzgeber vorgeschrieben. Zumindest ein City-Notbremssystem wäre für den Stadtwagen wünschenswert. Gegen Aufpreis ist lediglich ein Spurverlassenswarner zu haben.
Das Platzangebot leidet unter dem neuen Antrieb nicht, da die technische Plattform von Anfang an für die Elektrifizierung vorgesehen war. Ein Raumwunder darf man auf 3,62 Metern Gesamtlänge allerdings nicht erwarten, vor allem auf den beiden Plätzen im Fond zwickt es schon bei mittlerer Körpergröße. Auch der Kofferraum fällt mit vom ADAC gemessenen 155 bis 760 Liter klassentypisch klein aus. Zudem mangelt es an Zuladung: Im Falle des Testwagens beträgt sie lediglich 363 Kilo und ist bei vier kräftig gebauten Insassen rasch überschritten. Anhänge-, Stütz- und Dachlasten sind nicht zulässig.
Für einen Kleinstwagen erweist sich die Verarbeitungsqualität als durchaus akzeptabel, die Karosserie ist sauber gefertigt. Selbst wenn der Innenraum durch Details wie die mit in Wagenfarbe lackierten Einsätze an der Armaturentafel aufgepeppt wird, kann das über die weitgehend einfachen Materialien nicht hinwegtäuschen. Alle Kunststoffteile sind hart, kratzempfindlich und hinterlassen einen billigen Gesamteindruck. Es gibt keine Türrahmenverkleidung, keine doppelte Dichtlippe für die Türen und nur eine kostengünstige Kofferraumauskleidung.
Die Unterschiede im Cockpit sind im Vergleich zum Twingo mit Benzinmotor überschaubar. Trotz nur weniger Schalter und Funktionen offenbart der Twingo bei genauem Hinsehen einige Schwächen im Bedienkomfort, die weitgehend schlicht auf Sparmaßnahmen zurückzuführen sind. Das Klimatisierungs-Bedienteil ist recht tief angeordnet. Immerhin sind die Tasten und Drehregler gut ersichtlich beschriftet. Das im Testwagen verbaute Infotainmentsystem mit 7- Zoll-Touchdisplay ist zufriedenstellend bedienbar, die Menüstruktur weitgehend selbsterklärend. Es gibt aber weder Schnellwahl- noch Favoritentasten oder praktische Drehregler zum Scrollen und Zoomen. Erfreulicherweise lässt sich zumindest die Lautstärke mithilfe eines praktischen Drehreglers einstellen.
Unterm Strich empfiehlt sich der Twingo Electric als Stadt- oder Zweitwagen. Die Laufruhe, die Kraft und das Zusatzgewicht des E-Antriebs lassen ihn etwas solider und verbindlicher wirken als die konventionelle Variante. Dank des von Renault auf runde 10.000 Euro aufgestockten Umweltbonus liegt der Preis des Stromers auf demselben Niveau. Dass die bei der Konkurrenz teils vorhandene DC-Schnellladefähigkeit fehlt, dürfte sich bei einem Stadtauto von vielen potenziellen Kunden verschmerzen lassen. Für die lange Strecke empfehlen sich aber andere Autos.
Renault Twingo Electric Intens (03/21 - 03/22)
Leistung maximal in kW (Systemleistung)
Leistung maximal in PS (Systemleistung)
Batteriekapazität (Brutto) in kWh
Batteriekapazität (Netto) in kWh
Kofferraumvolumen dachhoch mit umgeklappter Rücksitzbank
Länge x Breite x Höhe
Verbrauch/CO₂-Ausstoß ADAC Ecotest
17,6 kWh Strom/100 km, 88 g CO₂/km (Well-to-Wheel)
Bewertung ADAC Ecotest (max. 5 Sterne)
Innengeräusch bei 130 km/h
Text mit Material von SP-X
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