Was ist ein Reinraum? Definition, Reinraumklassen und Funktionsweise

2022-08-13 13:29:07 By : Mr. John Chen

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Zahlreiche Medizinprodukte müssen im Reinraum gefertigt werden. Dieser Artikel gibt eine Einführung in die Reinraumklassen und erklärt, wie und mit welchem Equipment im Reinraum gearbeitet werden muss.

Als Reinraum wird ein Raum bezeichnet, der eine extrem geringe Konzentration luftgetragener Teilchen aufweist. Als luftgetragene Teilchen bezeichnet man alle Partikel und Stoffe, die in der Luft schweben und mit dem bloßen Auge zum größten Teil gar nicht wahrgenommen werden können. Derart saubere Räume werden überall dort benötigt, wo in der Umgebungsluft vorhandene Partikel die Arbeit stören würden.

Das ist nicht nur in der Medizintechnik, sondern auch in der Halbleiterfertigung der Fall, sowie in der Optik- und Lasertechnologie. Luft- und Raumfahrtechnik, Biowissenschaften und die medizinische Forschung benötigen ebenfalls Rein- und Reinsträume. In der medizinischen Behandlung ist das in manchen Fällen genauso nötig wie in der Forschung sowie in der keimfreien Produktion von Arzneimitteln und Lebensmitteln.

Im Reinraum werden nicht nur pharmazeutische Produkte und sterile Medikamente sowie Wundauflagen und Verbandsmaterial gefertigt, sondern auch Implantate, medizinische Komponenten, Geräte und Baugruppen für Geräte. Für alle diese Dinge ist es wichtig, dass sie nicht durch kleinste Partikel verunreinigt werden.

Videotipp: Unterdruck, Personenschleusen, Desinfektionsgel und Ganzkörperanzüge – Keime haben im Reinraum bei Freudenberg Medical keine Chance.

Allerdings muss zwischen dem Reinraum und dem Reinstraum unterschieden werden. Die Reinraumklassen sind nach verschiedenen Normen festgelegt. Für die Halbleitertechnik muss eine Kontamination durch Partikel vermieden werden, was in der ISO 14644-1 und in der ISO 14644-2 genauer definiert ist. In der europäischen Raumfahrttechnik geht es auch um Partikel, hier wird ebenfalls der Reinraum nach ISO 14644 definiert. In der Lebensmitteltechnik dagegen müssen vor allem Mikroorganismen ausgeschlossen werden. Hier gilt die Norm VDI 2083. In der Pharmazie geht es um die Keimzahl allgemein, hier wird der Leitfaden EU-GMP mit Annex 1 zur Herstellung steriler Arzneimittel angewandt.

Die Herstellung von Arzneimitteln und Medizinprodukten ist ein hochregulierter und behördlich überwachter Bereich mit zahlreichen Anforderungen an Produktion und Qualitätsmanagement. Dieses Seminar vermittelt einen Einblick in die wesentlichen Anforderungen und zeigt Möglichkeiten zur praktischen Umsetzung.

Der Reinraum wird nach ISO 1 bis 9 klassifiziert. Die einzelnen Reinraumklassen dürfen nur eine bestimmte Anzahl von Partikeln in einer festgelegten Größe enthalten; gemessen wird je Kubikmeter Luft. Für ISO 1 gelten die strengsten Vorgaben, für ISO 9 im Vergleich dazu lockere Bestimmungen:

Reinraumklassen nach ISO 14644-1. Je niedriger die Reinraumklasse, desto weniger Partikel sind erlaubt. (Bild: / CC BY-SA 3.0)

Manchmal wird als Standard nicht ISO verwendet, sondern der US FED STD 209E. Der ist in Deutschland nicht üblich, rechnet mit Partikel von 0,1 µm, 0,2 µm, 0,3 µm, 0,5 µm und 5,0 µm auf je ein Kubikfuß.

Die ISO-Norm legt außerdem fest, wie genau die Messbedingungen sein müssen. Über eine Tabelle ist eine Mindestanzahl von Messpunkten je Fläche vorgegeben. Es gibt im Gegensatz zu früheren Vorschriften keinen statistischen Vertrauensbereich mehr, denn es muss jetzt jeder Messpunkt einzeln betrachtet werden. Der Mittelwert jedes einzelnen Messpunktes muss unter den Grenzwerten liegen.

Der GMP-Leitfaden Annex 1 legt Reinraumklassen in A, B, C und D fest. Hier werden nur maximal erlaubte Partikel je Kubikmeter nach den Größen größer oder gleich 0,5 µm und größer oder gleich 5 µm unterschieden. Aber EU-GMP will zwei Messwerte: Im Ruhezustand und im Betriebszustand. Und da sieht die Anzahl der erlaubten Partikel folgendermaßen aus:

Die VDI-Richtlinie 2083 legt ganz genau fest, wie ein Reinraum definiert wird, wie er funktioniert und was in Sachen Reinraum zu beachten ist. Blatt 1 enthält eine formelmäßige, tabellarische und grafische Darstellung der Klassifizierung der Luftreinheit im Reinraum sowie in den zugehörigen Reinraumbereichen. Auch diese Richtlinie befasst sich ausschließlich mit der zulässigen Konzentration von Partikeln in der Luft am sogenannten reinen Arbeitsplatz. Wie bei der DIN EN ISO 14644 werden nur die Partikel in Größenordnungen zwischen 0,1 µm und 5 µm beachtet.

Die Richtlinie befasst sich jedoch nicht nur mit den erlaubten Partikeln je Kubikmeter Luft, sondern behandelt umfassende Konzepte, die eine Beherrschung der verschiedenen Umgebungseinflüsse generieren sollen. Denn welche und wie viele Partikel sich in der Raumluft befinden, hängt nicht allein vom Raum selbst ab. Partikel werden von Personen oder von Prozessen freigesetzt und können über Zuleitung und Ableitung durch raumlufttechnische Einrichtungen in den Raum gelangen.

Der Reinraum muss so konstruiert sein, dass die Anzahl luftgetragener Teilchen im Raum so niedrig wie nur möglich ist. Abhängig davon, wie der Reinraum verwendet wird, werden Partikelanzahl und/oder -größe, Keimzahl sowie andere Parameter überwacht. Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Druck müssen konstant gehalten werden, um den Reinraum möglichst rein zu halten.

Videotipp: Was ist die Achterwischmethode? Reinigen im Reinraum - Decken, Wände, Böden – ein Video der PPS Pfennig Reinigungstechnik

Meist ist der Mensch die Ursache für viele Partikel und Verschmutzungen. Aus diesem Grund ist spezielle Arbeitskleidung, die sogenannte Reinraumkleidung, vorgeschrieben. Sie ist wiederum der entsprechenden Reinraumklasse anzupassen. Arbeitsmittel, Werkzeuge und Arbeitstechnik sind ebenfalls von Vorschriften geregelt. Beispielsweise darf nur spezielles fesselfreies Reinraumpapier verwendet werden, Kopfhauben und Überzieher für die Schuhe sind Pflicht. Je strenger die Einordnung des Reinraums nach den verschiedenen Klassen, desto mehr Reinraumbereiche mit fallender Reinraumklasse sind dem eigentlichen Reinraum vorgelagert. Zwischen jedem der Bereiche muss die Kleidung gewechselt werden. Zwischen den einzelnen Bereichen liegen klebrige Fußmatten aus, um Kontaminationen über die Schuhsohlen und andere mit dem Fußboden in Kontakt stehende Gegenstände zu vermeiden.

Wird im Reinstraum gearbeitet, erfolgt der Zugang zusätzlich über Material- und Personalschleusen. Hier sorgen starke Luftströmungen und Filtersysteme dafür, dass die vorhandenen Partikel aufgewirbelt und abgesaugt werden. Dadurch können sie nicht in den Reinstraum gelangen. Für manche Reinräume müssen sich Besucher und Mitarbeiter vor dem Betreten einer Reinigung unterziehen, die Schutzkleidung alleine reicht nicht aus.

Videotipp: GMP-konformes Anlegen von Reinraumschutzkleidung

Alle im Reinraum eingesetzten Materialien müssen über abriebfeste Oberflächen verfügen. Die Anlagen und Geräte dürfen die herrschende Laminar-Luftströmung nicht oder nur minimal stören. Und natürlich müssen alle Produkte, Maschinen, Materialien und Werkzeuge gereinigt werden, bevor sie in den Reinraum gebracht werden. Der Reinraum wird mit Überdruck beaufschlagt, seltener mit Unterdruck. Herrscht im Reinraum Unterdruck, soll das sicherstellen, dass keine gefährlichen Substanzen oder Krankheitserreger nach außen dringen können.

Staub- und partikulare Arbeitsplätze werden in manchen Fällen von sogenannten Laminar-Flow-Einheiten geschaffen. Hierbei sorgt ein horizontaler oder vertikaler, gereinigter Luftstrom zusammen mit Vorhängen dafür, dass die Partikelkonzentrationen in der Luft und damit auch die Ablagerungen auf den Produkten reduziert werden. Klimatechnik sorgt immer dafür, dass Verunreinigungen sofort aus der Luft entfernt werden. Daher ist der Reinraum grundsätzlich mit Klimatechnik ausgestattet. Mehrstufige Filterungen und ein großer Luftdurchsatz sollen die Reinheit der Luft garantieren.

Der Reinraumboden ist ein Industrieboden und muss fugenlos sein. Geringer Abrieb und Rissfreiheit gehören ebenfalls zu den Merkmalen. Die Böden müssen leicht zu reinigen sein und sollten desinfiziert werden können. Der Oberbelag besteht in der Regel aus Reaktionsharz, Fliesen oder PVC. Bei gefliesten Reinräumen ist es wichtig, dass die Verfugungsmasse aus Phenolharz, Epoxidharz oder Polyesterharz besteht. Besondere Anforderungen existieren auch gegenüber den Stühlen im Reinraum, denn sie müssen ein hygienisches Design haben, das Kontaminationen verhindert. Die gepolsterten Sitzflächen und Rückenlehnen sind mit einem luftdichten Überzug versehen, die Mechanik der Stühle bietet keinerlei Möglichkeit zur Partikelablagerung. Und die Materialien müssen elektrostatische Aufladung weitgehend vermeiden oder ableiten. Reinraumstühle bestehen daher oft aus Integralschaum oder Kunstleder, die Oberflächen aus Kunststoff werden fest mit den Polstern verklebt.

Es gibt zwei Strömungsprinzipien, die im Reinraum genutzt werden können. Beim turbulenten Reinraum herrscht überall eine Strömung in kleinen Wirbeln, die Verunreinigungen vom Boden und anderen Oberflächen weg in den Abluftbereich und damit aus dem Raum heraus tragen. Beim Laminarströmungs-Reinraum strömt die Luft von oben herunter und fegt alles von den Oberflächen weg in den Abluftbereich, der mit Filtern bestückt ist.

Arbeiten im Reinraum ist nur möglich, wenn vorher Reinraumkleidung angelegt wurde. Zusätzlich muss eine gründliche Reinigung und Desinfektion stattfinden, Personen dürfen den Reinraum nur über die speziell dafür installierten Schleusen betreten. Die Arbeit im Reinraum darf nur in der dafür vorgesehenen Arbeitsweise stattfinden, und es dürfen nur die vorgesehenen und für den Reinraum präparierten Materialien und Werkzeuge genutzt werden. Alles muss genau dokumentiert werden, so dass die Ursachen für Verunreinigungen zurückverfolgt und in Zukunft vermieden werden können. Reinraum und Zugangsbereiche werden aus diesem Grund in der Regel überwacht.

Da in vielen Reinräumen gefährliche Substanzen oder Keime bearbeitet werden, muss auch beim Verlassen des Reinraums allen Vorschriften gefolgt werden. Reinigung und Desinfektion sowie ein Kleidungswechsel sind vorgeschrieben. Dies gilt für Personen, aber auch für Werkzeuge, Materialien und Geräte, die den Reinraum verlassen.

Mitarbeiter aus der Fertigung von Medizinprodukten oder deren Komponenten tragen in der Regel Reinraumkleidung. Denn der größte Kontaminationsfaktor im Reinraum ist der Mensch. (Bild: Freudenberg / BV-Med- Bilderpool)

Traditionell im Herbst findet in Frankfurt am Main die Fachmesse Cleanzone statt. Sie richtet sich an alle Industrien, die im Reinraum oder im Sauberraum produzieren. Die Zielgruppe findet sich folglich in der Pharmaindustrie genauso wie in der Mikrotechnologie, der Medizintechnik und in anderen Branchen.

Themen wie Digitalisierung und Virtual Reality spielen auf der Messe eine zunehmend eine wichtige Rolle. Ausgestellt haben auch 2018 wieder zahlreiche etablierte Anbieter von Reinraumtechnik. Firmen, die Reinräume speziell für die Bedürfnisse der Medizintechnik bauen und/oder einrichten, sind beispielsweise:

Videotipp: Wie ein Reinraum entsteht

Reinraumtechnik stellt an die entwickelnden Ingenieure und Labore natürlich hohe Anforderungen. Daher gibt es eigene Studiengänge, die sich mit dem Thema Reinraum beschäftigen. Die OTH Amberg-Weiden bietet beispielsweise am Campus Weiden den Masterstudiengang Reinraumtechnik an. Die Technische Universität in Graz hat den Studiengang 2012 in ihr Programm aufgenommen. Und auch die Hochschule Heilbronn hat einen Reinraum, in dem die entsprechenden Techniken in der Arbeit mit Kunststoffen erprobt und erlernt werden können.

An vielen Hochschulen und Universitäten gehören außerdem einzelne Module oder ganze Spezialisierungen in Reinraumtechnik zu Studiengängen der Naturwissen- oder auch Ingenieurwissenschaften.

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